12.08.2020
Nicole Gerhardt im RND-Interview:“Auch mich hat es überrascht, wie reibungslos die Arbeit im Homeoffice funktioniert”
Personalvorständin Nicole Gerhardt erläutert im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland und in einem Radiointerview die Pläne von Telefónica Deutschland für die neue Normalität und die Chancen, die sich daraus für Produktivität und Klimaschutz ergeben. Wir geben das an dieser Stelle Auszüge des Gesprächs wieder. Das Interview erschien am 11. August 2020 beim Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Frau Gerhardt, von wo rufen Sie an?
Nicole Gerhardt: Ich bin zu Hause und das weitgehend schon seit viereinhalb Monaten. Insgesamt war ich seit Ausbruch der Pandemie etwa zehn Tage im Büro. Homeoffice funktioniert auch als Vorstand.
Fühlen Sie sich beim Arbeiten zu Hause oder im Büro wohler?
Nicole Gerhardt: Am wohlsten fühle ich mich mit einem Hybridmodell – auch in Zukunft. Zu Hause zu arbeiten verschafft mir gelegentlich Freiraum, und ich arbeite unheimlich effizient. Aber mir fehlt auch mein Team und die Interaktion mit den Kolleginnen und Kollegen. Die Arbeit hat in den vergangenen Monaten bei uns vor allem deshalb so gut funktioniert, weil wir schon eine gewachsene Vertrauensbasis untereinander hatten.
Noch vor einigen Monaten haben Beschäftigte hartnäckig, aber erfolglos darum gekämpft, im Homeoffice zu arbeiten. Warum hat sich das grundlegend geändert durch Corona?
Nicole Gerhardt: Viele – auch mich – hat es überrascht, wie reibungslos die Arbeit im Homeoffice funktioniert. Dadurch ist ein Durchbruch gelungen. Es war und ist ein großes und immer noch anhaltendes Experiment, bei dem irgendwann klar wurde, dass man gar nicht so viel reisen und sich immer persönlich sehen muss. Im Gegenteil, oft reicht auch eine Videokonferenz aus. Wir gehen jetzt einen mutigen nächsten Schritt. Künftig sollen unsere Mitarbeiter da arbeiten, wo es für sie am produktivsten ist. Das kann zu Hause, im Büro oder auch an einem anderen Ort sein. Die Präsenzpflicht schaffen wir für die meisten weitgehend ab.
Viele Unternehmen zögern aber noch, das Arbeiten von zu Hause zu ermöglichen. Wie können die Manager überzeugt werden?
Nicole Gerhardt: Wir hatten noch nie eine so große Autonomie und Flexibilität in der Arbeitswelt. Das motiviert die Beschäftigten. Viele überdenken sogar ihre Lebensmodelle. Ich höre oft: Wir müssen nicht mehr in der Stadt wohnen. Wir können auch auf dem Land leben, weil wir nicht mehr pendeln müssen. Elternpaare überlegen, die Arbeit zwischen den Partnern anders aufzuteilen. Frauen fällt es leichter, in Vollzeit wieder einzusteigen und nicht in Teilzeit arbeiten zu müssen. Als Unternehmen sind wir viel effizienter in der Information unserer Mitarbeiter geworden. Es gab Videokonferenzen, in denen über 2000 Mitarbeiter gleichzeitig teilnahmen. Wir müssen viel weniger reisen, davon profitieren die Umwelt und auch die Mitarbeiter. Viele sagen, dass sie jetzt mehr Zeit für wirklich wichtige Dinge haben. Ich kann nur jedes Unternehmen ermuntern: Geht mutig voran.
Sie sind sich Ihrer Sache sehr sicher.
Nicole Gerhardt: Wir müssen jetzt natürlich auch genau beobachten, wie sich das Ganze entwickelt. Falls die Mitarbeiter wieder verstärkt ins Büro kommen wollen, müssen wir als Unternehmen ebenfalls in der Lage sein, uns einer solchen Situation anzupassen. Wir haben als weiteren mutigen Schritt das sogenannte “Working anytime” vorgestellt – den meisten Mitarbeitern soll dadurch innerhalb des maximalen gesetzlichen Rahmens Flexibilität gegeben werden, wann sie ihre Aufgaben erledigen. Wir müssen dabei aber auch schauen, ob es uns damit gelingt, Berufliches und Privates gut genug voneinander abzugrenzen.
Ist die Entgrenzung der Arbeit die größte Gefahr beim Arbeiten im Homeoffice? Viele Beschäftigte arbeiten zu Hause offenbar mehr als im Büro.
Nicole Gerhardt: Das Risiko sehe ich. Wir haben uns darauf verständigt, dass es bei uns auch ein Recht zum Abschalten von Smartphone und Laptop geben muss. Die Mitarbeiter haben eine vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit, darüber kann nicht hinausgegangen werden. Das ist ganz klar. Und niemand muss auf Mails am Wochenende, in den frühen Morgen- oder den späten Abendstunden antworten.
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Müssen in Ihrem Modell Arbeitszeiten überhaupt noch eine Rolle spielen? Es kommt doch nicht auf die Arbeitsstunden an, sondern auf das Ergebnis.
Nicole Gerhardt: Ganz genau. Aber diese Erkenntnis ist noch längst nicht für alle selbstverständlich. Viele Führungskräfte müssen noch lernen, dass Präsenz nicht gleichbedeutend ist mit guten Ergebnissen. Ergebnisse müssen vielmehr vor allem gut gemanagt werden. Der Mitarbeiter soll künftig stärker selbst entscheiden, für welche Aufgabe er wann und wo am produktivsten arbeiten kann. Das bringt mehr Autonomie, aber auch mehr Selbstverantwortung. Da muss in allen Unternehmen noch viel getan werden. Aber es ist absolut richtig, von der starren Ausrichtung an der Arbeitszeit wegzukommen.
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Geht mit den neuen hybriden Arbeitsformen nicht auch etwas verloren? Viele gute Ideen entstehen in der Teeküche oder auf dem Flur.
Nicole Gerhardt: Das ist ein wichtiger Punkt. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir Menschen sind und die unmittelbare soziale Interaktion brauchen. Das ist absolut wichtig und auch der Grund, warum wir nicht in reine Homeoffice-Lösungen gehen, sondern ein Hybridmodell verfolgen. Zu bestimmten Zeiten, etwa wenn neue Mitarbeiter anfangen, ist es wichtig, dass sie alle Kollegen auch persönlich kennenlernen – nicht nur am Bildschirm.
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Wird es bei Telefónica auch weniger Meetings mit physischer Anwesenheit geben?
Nicole Gerhardt: Für uns ist künftig Digital der Standard. Meetings sollen prinzipiell virtuell stattfinden, es sei denn, es gibt einen spezifischen Grund, der eine persönliche Anwesenheit notwendig macht. Das ist der Kern unseres Konzepts. Dieses Prinzip ermöglicht es erst, dass Mitarbeiter mobil und im Homeoffice arbeiten können. Denn sie müssen kein schlechtes Gewissen mehr haben, wenn sie von zu Hause aus an Meetings teilnehmen.
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Wie hoch sind die Einsparungen durch das Einschränken von Dienstreisen?
Nicole Gerhardt: Bei Telefónica Deutschland gab es wegen der vielen Standorte eine besonders starke Reisetätigkeit. Wir werden deshalb eine größere Summe einsparen. Aber bei unserem Ziel von 70 Prozent weniger Dienstreisen geht es nicht primär darum, nur Kosten zu senken. Wir haben im Vorstand schon entschieden, einen Teil der Einsparungen zurückzugeben. Wir werden entweder in die Mitarbeiterentwicklung investieren oder an gemeinnützige Organisationen spenden. Über die Art der Projekte werden wir zu einem späteren Zeitpunkt final befinden. Aber eins ist jetzt schon klar: Uns geht es um mehr Produktivität und auch um Klimaschutz.
Wollen Sie mit Ihrem Modell auch andere Unternehmen dazu bringen, mehr virtuell zu machen, weil das dann auch mehr Telekommunikation bedeutet, wovon Telefónica profitiert?
Nicole Gerhardt: Wir wollen Vorreiter sein, um attraktiv für unsere und neue Mitarbeiter zu sein. Denn wir sind von guten Mitarbeitern abhängig – gerade in solchen Bereichen, in denen viele Unternehmen Verstärkung suchen. Etwa im Bereich der Cybersecurity. Wenn nicht wir als Telekommunikationsunternehmen, wer sonst soll sich an die Spitze der Bewegung für eine digitalisierte Arbeitswelt stellen?
Das vollständige RND-Interview mit Nicole Gerhardt erschien als Thema in mehreren Medien, zum Beispiel in der Stuttgarter Zeitung vom 11. August 2020.
Von: Guido Heitmann
Principal Corporate Communications, Reputation & Positioning
Guido Heitmann verantwortet seit August 2023 in der Kommunikation der O2 Telefónica die Reputations- und Positionierungsthemen des Unternehmens. Zuvor leitete er unter anderem das Corporate Communications Team der Unternehmenskommunikation. Er ist seit 2001 im Kommunikationsteam des Unternehmens in unterschiedlichen Funktionen tätig, ursprünglich bei der E-Plus Gruppe und seit 2014 bei O2 Telefónica. Geboren in Buxtehude, Diplom-Kaufmann, Schifffahrtskaufmann und zuvor Kommunikator der Hapag-Lloyd AG in Hamburg. Kommunikationsthemenschwerpunkte: Reputation, Digitalisierung, Regulierung, Recht und unternehmerische Verantwortung.
Twitter/X: @gu_heitmann
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