15.02.2017
Interview in der Süddeutschen Zeitung:„Das Schönste haben wir noch vor uns“ - CEO Markus Haas
In seinem ersten größeren Interview als CEO von Telefónica Deutschland spricht Markus Haas mit der Süddeutschen Zeitung über seine Ambitionen für das Unternehmen, die Chancen der Digitalisierung und das rasante Datenwachstum in Deutschland. Das Gespräch in Auszügen.
SZ: Herr Haas, wie ist das, wenn man plötzlich Chef und CEO wird?
Markus Haas: Für mich ist das eine großartige Aufgabe. Ich kenne sehr viele Mitarbeiter und bin gut darauf vorbereitet. Nach der erfolgreichen Integration von O2 und E-Plus brauchen wir jetzt Stabilität. Wir müssen Kraft für die Weiterentwicklung schöpfen und das Unternehmen fit für die Zukunft machen. Wir müssen unsere Kunden begeistern und unsere Mitarbeiter mitnehmen.
SZ: Sie kommen im Gegensatz zu Dirks aus dem Haus der übernehmenden Firma, blaue Welt (O2), grüne Welt (E-Plus) - spielt das noch eine Rolle?
Haas: Überhaupt nicht. Die Farblogik haben wir längst abgelegt. Wir haben die Vereinigung der beiden Firmen in kürzester Zeit geschafft, weil es von Anfang an gemischte Teams gab, bei denen immer einer alleine die Verantwortung trug. Keiner hat mehr zurückgeschaut. Der Kraftakt, 25 Millionen Sim-Karten aus der E-Plus-Welt zu überführen, war schließlich gewaltig - das Projekt hieß intern K2.
Der K2 ist der zweithöchste Gipfel der Welt, seine Besteigung gilt als schwieriger als die des Mount Everest. Die Zusammenführung von O2 und E-Plus, die lange Jahre erbitterte Konkurrenten waren, galt ebenfalls als kompliziert. […] Nun will Haas den Kunden neue digitale Angebote machen, er ist überzeugt, dass es bald überwiegend virtuelle Sim-Karten (eSim) gibt, nicht mehr kleine Plastikchips. Die Kunden bräuchten zudem eine einheitliche Nutzeroberfläche und ein einheitliches Nutzungserlebnis für die verschiedenen Geräte, die künftig virtuell verbunden sind. Bei Telefónica heißt das: Onlife Telco.
SZ: Wie wollen Sie das hinkriegen?
Haas: Die Frage ist, wie überzeuge ich meine Mannschaft und Kunden, dass Digitalisierung etwas Gutes ist? Der Anbieter, der drauf am besten vorbereitet ist, wird das Rennen gewinnen. Der Kunde wird künftig andere Bedürfnisse haben, er kauft nicht mehr im Shop ein Stück Plastik, sondern es gibt die eSim. Darauf müssen wir uns einstellen. Damit kommen auf die Shop-Mitarbeiter aber auch neue Aufgaben zu. Für unsere interne Digitalisierung gilt: Wir brauchen gute Ideen aus der Mannschaft. Dabei sollen unsere Mitarbeiter keine Angst haben, dass sie an dem Ast sägen, auf dem sie sitzen. Wir haben zum Beispiel einen Großteil unserer externen Serviceaufgaben wieder in die Firma geholt.
[…]
SZ: Bei Netztests schneidet Telefònica im Vergleich zu den beiden Konkurrenten Telekom und Vodafone schlechter ab ...
Haas: Einen Netzumbau in dieser Dimension wie bei uns hat noch niemand gemacht. Wir bieten etwa der Hälfte der privaten Nutzer in Deutschland jeden Tag eine gute und solide Datenversorgung. Aber es ist klar: Wir sind noch nicht da, wo wir hin wollen. Wir haben das größte und ein sehr stabiles Netz, aber nicht das schnellste Netz mit Geschwindigkeiten von 225 Mbit/s. Wir sind Vollversorger und erfüllen alle Anforderungen an den Nutzungsalltag unserer Kunden.
SZ: Auch bei der neuen Netzgeneration LTE hinken Sie noch hinterher.
Haas: Unsere Chance ist aber: Bei der Zusammenführung unserer Netze müssen wir jede Antenne anfassen. So können wir in vielen Bereichen jetzt das modernste Netz aufbauen und schon vorarbeiten für künftige Technologien. Alleine im vergangenen Jahr haben wir in Deutschland erneut massiv ins Netz investiert.
SZ: Können Sie diese enormen Kosten überhaupt wieder hereinholen?
Haas: Man will in Deutschland die beste Versorgung haben und überall, auch im ländlichen Raum, 100 Mbit/s in der Luft. Wenn ich alle drei, vier Jahre Funkfrequenzen ersteigern muss, sofort dafür bezahlen muss und dann noch eine Infrastruktur dafür aufbauen soll, müssen sich alle Beteiligten schon überlegen, wie das finanziert werden soll.
[…]
SZ: Wie wird der Mobilfunk in der Zukunft denn aussehen?
Haas: Wir werden in einer 'Always-on'-Gesellschaft leben, Datendienste werden also permanent genutzt werden. In Deutschland kommt die große Datenexplosion noch. Deutschland ist derzeit eher ein Entwicklungsland, die mobile Datennutzung liegt weit unter der anderer Länder. Aber die Nutzung wird weiter steigen. Das Schönste haben wir in Deutschland noch vor uns.
SZ: Wie wollen Sie das für sich nutzen?
Haas: Wir konzentrieren uns unter anderem zusätzlich auf advanced analytics ...
SZ: ... die Auswertung großer Datenmengen.
Haas: Die vielen Daten, die wir erzeugen, bieten einen Mehrwert, den Verbrauchern, aber auch anderen Unternehmen. Wir haben dafür in Abstimmung mit den deutschen Behörden Regeln für den Datenschutz entwickelt, das war wichtig für die Akzeptanz. Das zweite große Feld ist das Internet der Dinge. Dafür haben wir eine Plattform geschaffen, über die wir möglichst viele Dinge miteinander verbinden wollen, zum Beispiel Sensoren. Die liefern dann wieder weitere Daten.
SZ: Wer wertet die aus?
Haas: Wir haben in Berlin die Telefónica Next gegründet, die kümmert sich darum. In dem Feld suchen wir auch Partnerschaften. Die Dynamik an Anfragen, die auch international an uns herangetragen wird, ist gigantisch. Es wäre ein Fehler, sich hier nicht zu öffnen. […]
Von: Guido Heitmann
Principal Corporate Communications, Reputation & Positioning
Guido Heitmann verantwortet seit August 2023 in der Kommunikation der O2 Telefónica die Reputations- und Positionierungsthemen des Unternehmens. Zuvor leitete er unter anderem das Corporate Communications Team der Unternehmenskommunikation. Er ist seit 2001 im Kommunikationsteam des Unternehmens in unterschiedlichen Funktionen tätig, ursprünglich bei der E-Plus Gruppe und seit 2014 bei O2 Telefónica. Geboren in Buxtehude, Diplom-Kaufmann, Schifffahrtskaufmann und zuvor Kommunikator der Hapag-Lloyd AG in Hamburg. Kommunikationsthemenschwerpunkte: Reputation, Digitalisierung, Regulierung, Recht und unternehmerische Verantwortung.
Twitter/X: @gu_heitmann
Weitere Informationen:
Das komplette Interview ist in der Süddeutschen Zeitung vom 15. Februar 2017 erschienen.