Interview mit Thorsten Kühlmeyer, Head of Business Analytics:„Wir haben das Bauchgefühl digitalisiert“

Thorsten Kühlmeyer verantwortet das AIC
Vor einem Jahr hat der Vorstand von Telefónica Deutschland eine ungewöhnliche Entscheidung getroffen: Alle Mitarbeiter sollen auf den gesammelten Datenbestand des Unternehmens zugreifen können. Das sogenannte Analytical Insights Center (AIC) ermöglicht so neue Formen des Arbeitens und Entscheidens in der digitalen Welt. Warum es sinnvoll ist, allen Mitarbeitern Zugriff zu ermöglichen, welche Rolle Eigeninitiative spielt und was es bisher gebracht hat, erklärt Thorsten Kühlmeyer, der den Bereich verantwortet. Was genau verbirgt sich hinter dem Analytical Insights Center? Thorsten Kühlmeyer: „Das AIC ist wie eine digitale Glaskugel: Wir bekommen Antworten auf Fragen, können in die Vergangenheit schauen, die Gegenwart verstehen und die Zukunft vorhersagen. Allerdings befinden wir uns in keiner Märchenwelt, sondern in der Realität. Kern sind Daten, Algorithmen und künstliche Intelligenz. Wir haben sozusagen das Bauchgefühl digitalisiert. Im AIC werden die Informationen, die Telefónica Deutschland zur Verfügung stehen, in Echtzeit aufbereitet, analysiert und interpretiert. Das sind Daten aus internen und externen Quellen, bspw. Marktdaten, quantitative und qualitative Analysen sowie Erkenntnisse aus erklärenden und vorhersagenden analytischen Modellen. All das fließt in das Portal ein und wird fortlaufend aktualisiert.“ Wie kam die Idee, Daten für alle zur Verfügung zu stellen? Thorsten Kühlmeyer: „Das Stichwort heißt: „Demokratisierung des Wissens“. Die Daten waren vorher schon da, aber nicht zwingend dort, wo wir sie für Entscheidungen brauchen. Und auch nicht immer gebündelt und aufbereitet. Zudem hatten nur wenige Mitarbeiter Zugang zu unseren Datenschätzen. Es war ein klarer Wunsch vom Vorstand, das zu ändern. Das AIC ist auch ein Symbol dafür, wie Arbeiten mit Informationen in einer digitalen Welt funktioniert: Und zwar nicht verteilt über Hierarchien, aufbereitet für Regelmeetings und verschickt als regelmäßiger Report. Denn das ist zu umständlich und nicht immer sind so alle rechtzeitig beteiligt, die einen wichtigen Beitrag leisten können. Zeitfressende Abstimmungsroutinen und Recherchen werden mit Hilfe der neuen Werkzeuge überflüssig gemacht.“
Credits: Telefónica Deutschland
Beispiel für ein Dashboard
Wird jetzt jeder Mitarbeiter zum Data Scientist? Thorsten Kühlmeyer: „Jein. Wir sprechen hier dann eher vom sogenannten Citizen Data Scientist oder Data Worker. Jeder Mitarbeiter soll auf einfache Art und Weise die Möglichkeit haben, das Wissen aus Unternehmens-, Markt- und Wettbewerbsdaten als Basis seiner täglichen Arbeit zu nutzen. Das ist die Voraussetzung für ein besseres Kundenverständnis, optimierte Services, neue Produkte und vor allem für schnelle Entscheidungen. Mit den passenden Informationen – jederzeit für jeden, überall und sofort verfügbar – werden wir auch den Echtzeitanforderungen einer neuen Generation von Kunden gerecht. Und natürlich muss nicht jeder Mitarbeiter nun Statistik pauken und programmieren. Dafür gibt es unser Team, das auf Wunsch zusätzlich bestimmte komplexe Analysen erstellt bzw. Data Science Lösungen entwickelt. Ein gewisses Gefühl für Daten ist im Zuge der Digitalisierung aber dennoch zunehmend wichtig.“
Mitarbeiter gewinnen Erkenntnisse aus dem AIC
Wie wird das AIC von den Mitarbeitern angenommen? Thorsten Kühlmeyer: „Startschuss war das Sommerfest von Telefónica Deutschland im vergangenen Jahr. Dort haben wir die Idee des AICs vorgestellt und innerhalb von nur einer Woche haben sich über tausend Nutzer angemeldet. Der Bedarf war also von Anfang an da. An zahlreichen Standorten gibt es seitdem AIC Schulungen und Citizen Data Science Workshops für die Kollegen in den Fachbereichen. Wir haben mittlerweile ca. 3.000 Nutzer, über 500 trainierte Data Worker und 50 Citizen Data Scientists. Was das AIC für unsere Mitarbeiter darüber hinaus wertvoll macht: Wir bereiten die Daten entsprechend der Bedürfnisse der einzelnen Fachbereiche visuell und interaktiv erlebbar auf.“ Kannst Du ein Beispiel nennen, welche Erkenntnisse aus dem AIC bereits gewonnen wurden? Thorsten Kühlmeyer: „Sehr wichtig ist zu erwähnen, dass es nicht ausreicht, Erkenntnisse zur Verfügung zu stellen, sondern auch Entscheidungen und Aktionen daraus abzuleiten. Ich möchte hier mal ein einfaches Beispiel unter vielen herausgreifen: Mit dem Social Media Monitoring im AIC wurde das Telefónica Social Media Team dabei unterstützt, den besten Startzeitpunkt für die O2 Free 15 Kampagne festzulegen. Ziel war es, hierdurch die Sichtbarkeit der Kampagne zu erhöhen.“ Was hat sich seit dem Launch vor einem Jahr getan und wie wird das AIC in Zukunft weiterentwickelt? Thorsten Kühlmeyer: „Inzwischen ist es auch möglich, dass Abteilungen eigene Daten integrieren, diese selbständig analysieren, die Ergebnisse veröffentlichen und somit anderen Kollegen zur Verfügung stellen. Das heißt, wir haben neben dem Wissen und den Daten nun auch die Analysemöglichkeiten demokratisiert. Darüber hinaus haben wir auf Anregung der Mitarbeiter die vorhandenen Kollaborationsmöglichkeiten erweitert. Es gibt nun ein digitales AIC Forum zum fachlichen Austausch zwischen den Nutzern und eine AIC Suchmaschine, welche direkt in das Intranet von Telefónica Deutschland integriert ist. Außerdem entwickeln und testen wir derzeit einen Bot – das AIC lernt also sprechen.“ Vielen Dank an Thorsten für das Gespräch.

Von: Julia Lindner

Julia Lindner ist Pressesprecherin bei Telefónica Deutschland.