25.02.2021
Interview mit CEO Markus Haas:„Das wird ein großer Markt“
Anlässlich der Vorstellung der Ergebnisse des Geschäftsjahres 2020 sprach CEO Markus Haas mit der Süddeutschen Zeitung über Wettbewerb, Kooperationen, Preisentwicklungen und die Chancen von 5G.
Wir veröffentlichen an dieser Stelle Auszüge des Gesprächs. Das vollständige Interview erschien am 25. Februar in der Süddeutschen Zeitung.
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Gerade in der Pandemie nimmt die Handy-Abhängigkeit und damit die Sucht zu – ist das ein Problem für unsere Gesellschaft?
Markus Haas: Der Mobilfunk hilft in der Pandemie doch auch - jeder kann mit jedem in Kontakt bleiben und kommunizieren. Auch viele Ältere nutzen inzwischen Skype, Facetime, Whatsapp und andere Dinge. Ohne unsere Technologien wäre die Vereinsamung noch größer. Gerade bei jüngeren Menschen sollten die Eltern aber schon darauf achten, was da passiert. Da sollten Regeln vereinbart werden, die dann auch eingehalten werden. Niemand sollte sieben oder noch mehr Stunden mit seinem Handy verbringen.
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Sie hatten im vergangenen Jahr eine gute Geschäftsentwicklung. Jetzt helfen Sie massiv einem Konkurrenten, nämlich 1&1 Drillisch, zu einem weiteren Netzbetreiber zu werden, neben Telekom, Vodafone und Ihnen. Sie gewähren teilweise Zugang zum Netz, also National-Roaming. Warum machen Sie das?
Markus Haas: Es war eine freiwillige Entscheidung von 1&1 Drillisch, ein viertes Netz aufzubauen. Das Unternehmen ist ein langjähriger Partner von uns. Die Einnahmen aus der National-Roaming-Vereinbarung stärken unsere Möglichkeiten, auch weiter im ländlichen Raum zu investieren und den Betrieb der dortigen Anlagen wirtschaftlich zu gestalten. Damit verbessern wir weiter unsere Position. Grundsätzlich brauchen wir in der Telekommunikationsindustrie als Betreiber eine hohe Auslastung, um erfolgreich zu sein und um investieren zu können. Wir leben von Skaleneffekten. Mit unseren weit über 40 Millionen Kunden im Netz bietet sich uns eine solche Skalierung in unserem bundesweit flächendeckenden Netz. In dem teilen wir übrigens auch wechselseitig mit anderen Wettbewerbern Standorte, weil sich das rechnet.
Gleichzeitig arbeiten Sie jetzt mit den beiden anderen großen Anbietern, Telekom und Vodafone, bei der Beseitigung von weißen und sogenannten grauen Flecken zusammen.
Markus Haas: Nach unserer Fusion mit E-Plus waren wir von 2015 an zunächst sehr stark damit beschäftigt, unsere Netze zusammenzulegen, sozusagen aus zwei Teppichen einen zu weben. In dieser Zeit haben unsere Wettbewerber weiter in den Ausbau investiert, am Ende gab es spürbare Qualitätsunterschiede im Netz. 2019 und 2020 haben auch wir dann viele neue Standorte aufgebaut. So können wir jetzt auf Augenhöhe zusammenarbeiten.
Und wie sieht das dann aus?
Markus Haas: Dort, wo es derzeit gar kein Netz gibt, baut jeder von uns dreien 2000 Standorte – und alle können am Ende diese 6000 neuen Anlagen nutzen. Und dort, wo ein Betreiber Netz hat, ein anderer aber nicht, also in den sogenannten grauen Flecken, öffnen wir uns gegenseitig die Antennen. Wir bringen dabei ähnlich viel mit zur Party wie die beiden anderen. Das ist ein Gewinn für alle, und der Ruf der gesamten Industrie verbessert sich.
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Ihr Marktanteil in den Ballungsräumen liegt bei über 50 Prozent, in den ländlichen Gebieten dagegen bei teilweise weniger als der Hälfte. Wie wird sich das nun entwickeln?
Markus Haas: Wir sind nun bei der Netzqualität auf Augenhöhe und vermarkten künftig unser Netz stärker in den ländlichen Bereichen, nutzen alle eigenen Kanäle und auch die der Partner wie beispielsweise Aldi oder Tchibo. Wir zielen auf Privatkunden, aber auch auf Geschäftskunden. Gerade im Mittelstand rechnen wir uns enorme Chancen aus, viele wollen ihre Kosten optimieren in dieser schwierigen Lage, da können wir ihnen helfen.
Werden die Preise also auf breiter Front sinken?
Markus Haas: Der Trend der vergangenen Jahre wird sich vermutlich noch eine Weile fortschreiben: Die durchschnittlichen Telekommunikationspreise sinken. Es gibt deutlich mehr Leistung fürs Geld und die Kunden profitieren davon.
Aber sie müssen doch auch investieren – wie geht der Ausbau von 5G voran?
Markus Haas: Wir haben einen guten Start hingelegt und wollen in diesem Jahr mehr als 30 Prozent der Bevölkerung, vor allem in den Städten, mit 5G abdecken, und bis 2025 dann ganz Deutschland. Für 4G haben wir noch etwa zehn Jahre gebraucht, jetzt sind es maximal fünf Jahre für 5G. Das zeigt auch, wie sehr sich der Technologiezyklus beschleunigt. Aber: Weniger als fünf Prozent der Endgeräte unserer Kunden unterstützen derzeit überhaupt 5G. Doch das ändert sich rasch. Mit 5G können sie im Übrigen eine ganze Serienstaffel in 20 Sekunden runterladen. Heute brauchen sie für eine Folge eine Minute oder länger.
Klingt gut, aber warum braucht man als Privatkunde überhaupt 5G?
Markus Haas: Das hat man sich vor etwa zehn Jahren auch gefragt, als 4G, also LTE, eingeführt wurde und damals 3G als Standard ablöste. Wenn man eine hohe Last auf dem Netz hat, stößt die derzeitige Technik auch an ihre Grenzen. Denken Sie an die Allianz-Arena oder an Großveranstaltungen – alles derzeit angesichts der Pandemie nicht aktuell, aber da wird es künftig statt Datenstaus keine Nutzungsgrenzen mehr geben. Wenn man viele Daten in der Cloud hat und das ganze Leben digital ist, schätzt man die hohe Geschwindigkeit von 5G. Außerdem: Für die Präzisionsfertigung und die Automatisierung etwa in der Industrie bedeutet 5G den Durchbruch. Wir haben da schon viele Anfragen von Unternehmen, das wird ein großer Markt.
Sie haben vor einigen Monaten mal gesagt: „Deutschland kann Krise" – sehen Sie das immer noch so?
Markus Haas: Natürlich hätte man etwa hinsichtlich der Impfkampagne viele Dinge besser machen können. Wir lernen viel. Aber bei aller Kritik: Insgesamt haben wenige Länder es so gut umgesetzt wie Deutschland, ihre Bevölkerung zu schützen. Deshalb bleibe ich grundsätzlich dabei: Deutschland kann Krise. Auch bei den aktuellen Inzidenzwerten ist kaum ein Land auf dem Niveau von Deutschland. Jetzt müssen wir allerdings auch gute Lösungen finden, das Land wieder nach oben zu fahren.
Was lernen wir daraus?
Markus Haas: Das Tempo bei Entscheidungen und Umsetzungen müssen wir beibehalten. Investitionen müssen auch in Zukunft schnell und pragmatisch erfolgen. In den vergangenen zwölf Monaten haben wir in Deutschland mehr Digitalisierung gesehen als in den vorangegangenen zehn Jahren. Plötzlich ist vieles digital möglich, da darf es auch keine Rückschritte geben. Aber wir haben auch noch einen langen Weg zu einer digitalen Spitzenposition im internationalen Vergleich vor uns.
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Von: Guido Heitmann
Principal Corporate Communications, Reputation & Positioning
Guido Heitmann verantwortet seit August 2023 in der Kommunikation der O2 Telefónica die Reputations- und Positionierungsthemen des Unternehmens. Zuvor leitete er unter anderem das Corporate Communications Team der Unternehmenskommunikation. Er ist seit 2001 im Kommunikationsteam des Unternehmens in unterschiedlichen Funktionen tätig, ursprünglich bei der E-Plus Gruppe und seit 2014 bei O2 Telefónica. Geboren in Buxtehude, Diplom-Kaufmann, Schifffahrtskaufmann und zuvor Kommunikator der Hapag-Lloyd AG in Hamburg. Kommunikationsthemenschwerpunkte: Reputation, Digitalisierung, Regulierung, Recht und unternehmerische Verantwortung.
Twitter/X: @gu_heitmann
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