28.11.2022
CEO Markus Haas im WELT am Sonntag Interview:„Wir wollen Ende 2024 die Fläche voll abdecken“
In einem Interview mit der WELT am Sonntag spricht O2 Telefónica CEO Markus Haas über schnelle Fortschritte im Netzausbau, die Herausforderungen der Netzbetreiber mit der deutschen Telekommunikationspolitik und die Chancen Europas in der zukünftigen digitalen Welt.
Wir veröffentlichen an dieser Stelle Auszüge des Gesprächs. Das volle Interview erschien am 27. November 2022 in der WELT am Sonntag:
WELT am Sonntag: Herr Haas, Hand aufs Herz: Würden Sie es wagen, dieses Interview mit uns aus einem fahrenden Zug heraus über ihr Smartphone zu führen?
Markus Haas: Telefonisch? Zweifelsohne. Übers Datennetz auch auf den Hauptstrecken, beispielsweise zwischen München und Frankfurt oder auch nach Berlin. Da haben wir eine solide Netzqualität im Zug. Bei den Regionalbahnen wäre ich vorsichtiger. Da sind wir als Branche noch nicht da, wo wir sein wollen.
WELT am Sonntag: In gut einem Monat geht das Jahr zu Ende und damit auch die Frist für die Ausbauziele für die Mobilfunknetze, die von der Bundesnetzagentur vorgegeben wurden. Im Sommer hieß es in einem Papier der Behörde, dass Telefónica im Branchenvergleich erneut Nachzügler ist.
Markus Haas: Wir schaffen die Ziele. Die Daten dafür haben wir in der vergangenen Woche bei der Netzagentur eingereicht.
Wir sind bei den Geschwindigkeiten von 100 Megabit pro Sekunde in den Bundesländern auf der Zielgeraden. Die 5G-Ausbauauflage im letzten verbliebenen Bundesland haben wir vergangene Woche erfüllt.
WELT am Sonntag: Wann wird das letzte Funkloch in Deutschland geschlossen?
Markus Haas: Wir wollen Ende 2024 eine vollständige Flächenabdeckung haben. Da hilft auch der gemeinsame Ausbau mit unseren Wettbewerbern. In den großen weißen Flecken gewähren wir uns untereinander Zugang zu den Mobilfunkmasten.
WELT am Sonntag: Wie steht es um die Widerstandskraft der Netze? Sie hatten gerade einen größeren Ausfall.
Markus Haas: Die Netze sind sehr widerstandsfähig und auch sicher. Wir investieren hier sehr viel Geld dafür, sowohl in die Cybersicherheit als auch in die physische Sicherheit. Über den Ausfall in der vergangenen Woche habe ich mich sehr geärgert. Beim Legen einer stärkeren Stromleitung kam es zu einer Kettenreaktion. Das sollte nicht passieren. Wir analysieren das genau. Aber so etwas passiert zum Glück extrem selten. Unser letzter größerer Ausfall liegt acht Jahre zurück.
[...]
WELT am Sonntag: Die Befürchtung steigt, dass unsere Stromnetze im Winter instabil werden. Sind Sie für einen Stromausfall gerüstet?
Markus Haas: An den Knotenpunkten unserer Netze haben wir Redundanzen, meistens Dieselaggregate. Aber unsere Nutzung ist sehr dezentral. Wir haben 20 solcher Knotenpunkte und rund 30.000 Antennenstandorte. Wir gehen nicht von einem großflächigen Stromausfall aus. Trotzdem prüfen wir, wie wir noch mehr Energie sparen können. Wir sehen uns beispielsweise an, ob wir nachts, wenn die Netzlast 95 Prozent geringer ist, alle Frequenzbänder komplett laufen lassen müssen? Das diskutieren wir derzeit mit der Bundesnetzagentur. Wir sehen hier ein Energieeinsparpotenzial von bis zu 25 Prozent.
WELT am Sonntag: Dann wird nachts das mobile Internet langsamer?
Markus Haas: Der Kunde wird davon nichts merken. Die verfügbare Geschwindigkeit teilt sich nachts auf viel weniger Kunden auf.
WELT am Sonntag: Sie haben in der Vergangenheit immer wieder geklagt, dass wegen teurer Frequenzauktionen zu wenig Geld für den Netzausbau zur Verfügung stehe. Die Monopolkommission sieht hier allerdings keinen Zusammenhang. Wollen Sie vielleicht doch nur billig an die Frequenzen kommen?
Markus Haas: Wenn wir uns das auf europäischer Ebene ansehen, steht fest: Die Länder mit den geringsten Frequenzkosten haben mit Abstand die beste Netzqualität. Sehen Sie sich Schweden, Norwegen, Finnland oder die Schweiz an. Und in diesen Ländern gibt es die gleiche Wettbewerbsintensität wie in Deutschland. Die Schlussfolgerung der Monopolkommission teilen wir nicht. In Deutschland hat die Bundesnetzagentur selbst bei Knappheit auch gesetzlich die Möglichkeit, Frequenzrechte zu verlängern statt zu versteigern. Das ist der bessere Weg.
WELT am Sonntag: Was würden Sie im Gegenzug dafür anbieten?
Markus Haas: Wir wären bereit, 5G an der Milchkanne anzubieten, also wirklich flächendeckend jede Station mit 5G aufzurüsten und überall verfügbar zu haben. Das ist unser Angebot.
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WELT am Sonntag: Können denn die Nutzer mit fallenden Preisen im Mobilfunk rechnen?
Markus Haas: Es wird weiterhin mehr Leistung geben und die Preise werden sich damit eher nach oben orientieren. Nicht zuletzt, weil wir mehr für die Leistungsfortschritte investieren müssen. Eine platte Preiserhöhung ohne mehr Leistung sehe ich im Mobilfunk aber nicht.
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WELT am Sonntag: Seit mehr als zehn Jahren wollen die Telekommunikationskonzerne Technologiekonzerne wie Google, Netflix und Meta an den Kosten des Netzausbaus zu beteiligen. Jetzt versucht man zusammen mit der EU-Kommission einen erneuten Vorstoß. Warum sollte das Erfolg haben?
Markus Haas: Rund 60 Prozent der Daten, die wir in den Mobilfunknetzen transportieren, haben nicht ihren Ursprung in Europa. Wir partizipieren in Europa nicht an dieser Wertschöpfung. Gleichzeitig müssen wir aber jährlich niedrige dreistellige Millionenbeträge in unser Netz investieren, um die zusätzlichen Kapazitäten zu schaffen, die wir dafür brauchen. Wir können das aber nicht monetarisieren, weil wir die Kosten dafür nicht an unsere Nutzer weitergeben. Wenn wir in Europa gute Netze und günstige Mobilfunkpreise haben wollen, brauchen wir diese faire Diskussion. Wir setzen uns für eine Verhandlungslösung ein.
WELT am Sonntag: Es gibt viele Kritiker dieses Vorstoßes, darunter auch das europäische Gremium der Telekomregulierungsbehörden BEREC und der Chaos Computer Club. Sie alle befürchten ein Ende der Netzneutralität.
Markus Haas: Es gibt kontroverse Meinungen. Am Ende des Tages müssen wir sicherstellen, dass wir in Europa die bestmögliche Infrastruktur haben und damit Digitalisierung als Sprungbrett nutzen für Gesellschaft und Wirtschaft. Das muss Hauptanliegen der Politik sein. Gerade wir in Europa setzen mit unserer Regulatorik als Kontinent die Regeln zur Netzneutralität am konsequentesten um. Europa hat hochattraktive Inhalte aus Sport, Wissenschaft, Kultur und vielen mehr sowie einen international anerkannten Wertekodex. Das ist sind Vorteile, die es für Verbraucher und Wirtschaft in der Zukunft noch besser zu nutzen gilt.
Wir veröffentlichen an dieser Stelle Auszüge des Gesprächs. Das volle Interview erschien am 27. November 2022 in der WELT am Sonntag.
Von: Guido Heitmann
Principal Corporate Communications, Reputation & Positioning
Guido Heitmann verantwortet seit August 2023 in der Kommunikation der O2 Telefónica die Reputations- und Positionierungsthemen des Unternehmens. Zuvor leitete er unter anderem das Corporate Communications Team der Unternehmenskommunikation. Er ist seit 2001 im Kommunikationsteam des Unternehmens in unterschiedlichen Funktionen tätig, ursprünglich bei der E-Plus Gruppe und seit 2014 bei O2 Telefónica. Geboren in Buxtehude, Diplom-Kaufmann, Schifffahrtskaufmann und zuvor Kommunikator der Hapag-Lloyd AG in Hamburg. Kommunikationsthemenschwerpunkte: Reputation, Digitalisierung, Regulierung, Recht und unternehmerische Verantwortung.
Twitter/X: @gu_heitmann
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