10.01.2023
CEO Markus Haas im Interview mit dem Tagesspiegel Background:„Die wichtigste Auflage für mehr Geschwindigkeit haben wir zu 100 Prozent erfüllt“
In einem Interview mit dem Tagesspiegel Background spricht O2 Telefónica CEO Markus Haas über das Erfüllen der Versorgungsauflage, über mögliche neue Frequenzen im 600 MHz Bereich und woran es bei der Strompreisbremse hakt. Wir veröffentlichen an dieser Stelle Auszüge des Gesprächs. Das volle Interview erschien am 10. Januar 2023 im Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI.
Tagesspiegel Background: Herr Haas, zuletzt haben Sie und die anderen Telekommunikationsunternehmen Negativschlagzeilen gemacht: Sie haben es nicht geschafft, alle Versorgungsauflagen der Bundesnetzagentur zu erfüllen. Besonders bei den weißen Flecken besteht Nachholbedarf.
Markus Haas: Das sehe ich anders. Die wichtigste Auflage für mehr Geschwindigkeit mit 100 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) für 98 Prozent aller Menschen in Deutschland haben wir zu 100 Prozent erfüllt. Bei den wenigen noch fehlenden Standorten liegt es an externen Faktoren, die wir nicht beeinflussen können. Die weißen Flecken sind vielfach keine mehr. Wir haben in diesen Regionen Antennen aufgerüstet und neu justiert, so dass die Menschen an bislang nicht abgedeckten Orten nun Netz haben.
Tagesspiegel Background: Aber sie werden dort nur mit 50 Mbit/s versorgt und nicht wie gefordert mit 100, oder?
Markus Haas: Nein, in nahezu allen weißen Flecken versorgen wir mehr als 50 Prozent der Fläche mit 100 Mbit/s. Lediglich von den dort neu zu bauenden Standorten haben alle drei Netzbetreiber nur einen Teil geschafft. Dies liegt daran, dass der Abstimmungsprozess über die finalen weißen Flecken erst im November 2021 abgeschlossen werden konnte. Erfahrungsgemäß braucht man in diesen Regionen drei Jahre, um zu bauen – das weiß auch die Politik.
Tagesspiegel Background: Mit welchen Konsequenzen rechnen Sie, weil Sie die Auflagen nicht erfüllt haben?
Markus Haas: Für die wenigen noch offenen Standorte sind externe Gründe verantwortlich, für die wir nichts können. Das haben wir der Bundesnetzagentur vorigen Freitag berichtet. Noch liegt keine finale Bewertung seitens der Behörde vor. Ich hoffe, dass Bundesnetzagentur und Beirat die Erfolge würdigen, die trotz vieler externer Widrigkeiten erzielt wurden. Zumal da ein anderer Anbieter in diesem Zeitraum gerade mal drei Stationen in Betrieb genommen hat.
Tagesspiegel Background: Damit spielen Sie auf 1&1 an…
Markus Haas: Es ist das eine, wenn man ein Ziel um wenige Prozentpunkte nicht schafft. Wenn andererseits ein Ziel um mehr als 98 Prozent verfehlt wird, dann kann schon die Frage nach dem ernsthaften Bemühen aufkommen.
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Tagesspiegel Background: Ihnen, der Telekom und Vodafone dürfte das Versäumnis von 1&1 ja in die Karten spielen. Derzeit überlegt die Bundesnetzagentur, wie wichtige Frequenzen, die Sie, Vodafone und die Telekom gerade nutzen, ab 2026 verteilt werden (Tagesspiegel Background berichtete). Sie wollen eine Verlängerung und argumentieren auch, dass man sich auf den vierten, den neuen Netzbetreiber nicht verlassen könne.
Markus Haas: Will man so schnell wie möglich flächendeckend 5G, muss man die Frequenzen verlängern. Werden sie unter vier aufgeteilt, bleibt ein Teil möglicherweise ungenutzt und gleichzeitig verschlechtert sich die Versorgung von Bevölkerung und Wirtschaft deutlich. Die Frequenzen sind ein öffentliches Gut und es ist die Hauptpflicht der Bundesnetzagentur, dass sie effizient genutzt werden und die Netzabdeckung bestmöglich ist. Unser Angebot an die Behörde ist klar: Bei einer Verlängerung der Frequenzen sind wir bereit, auch flächendeckend 5G auszubauen, was wir heute noch nicht getan haben. Für den vierten Netzbetreiber gibt es in diesem Szenario durch die National-Roaming-Vereinbarung eine gute Lösung. Außerdem werden ab 2030 wahrscheinlich weitere Frequenzen für den Mobilfunk frei – da könnte man durchaus über eine Vorabzuteilungen an Netzbetreiber sprechen.
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Tagesspiegel Background: Aber das ist noch nicht sicher. Erst Ende des Jahres wird auf der Weltfunkkonferenz entschieden, ob diese Frequenzen auch für den Mobilfunk frei gemacht werden. Und da gibt es durchaus einige, die da etwas dagegen haben, weil sie diese Frequenzen aktuell nutzen.
Markus Haas: Ich bin optimistisch, dass die Frequenzen für den Mobilfunk freigegeben werden. Die Diskussion, die wir heute bei den 600er-Frequenzen haben, hatten wir vor ein paar Jahren auch bei den 700er und 800er-Frequenzen. Die Rundfunker haben damals gesagt, das sei der Untergang des Abendlandes und der Meinungsfreiheit, wenn wir die Frequenzen nutzen. Heute wissen wir: Wenn wir sie nicht nutzen würden, dann würden wir in der mobilen Steinzeit leben. Wir sehen, dass die terrestrische Nutzung von Rundfunk abnimmt. Alle diese Dienste können via IP-TV oder Mobilfunk abgedeckt werden. Wenn ich darüber nachdenke, wie viele Menschen wir mit Mobilfunk erreichen und wie sich diese Frequenzen am effizientesten nutzen lassen, dann kann die Antwort nur sein, dass sie für den Mobilfunk frei gemacht werden.
Tagesspiegel Background: Sie treiben wie die meisten Unternehmen in diesem Jahr auch die hohen Energiepreise um. Die Strompreisbremse gilt aber nicht für die Telekommunikationsbranche.
Markus Haas: Die aktuelle Strompreisbremse schließt kritische Infrastrukturen aus. Das kritisieren wir. Das Gesetz bestraft eher die Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften und im Kern gesund sind. Diese Unternehmen, deren Bilanzen stimmen, zahlen den teuren Strom und erhalten keine Kompensation. Das ist nicht richtig.
Tagesspiegel Background: Was wäre denn richtig?
Markus Haas: Dass alle Unternehmen von der Strompreisbremse profitieren, denn die hohen Strompreise treffen ebenfalls alle. Wie die Strompreisbremse jetzt konzipiert ist, passt sie nicht zur Aussage des Bundeskanzlers, niemand werde im Regen stehen gelassen. Momentan handelt es sich vielmehr um eine Quersubvention. Die Unternehmen zahlen hohe Strompreise, hiervon wird ein Teil als Übergewinn bei Stromproduzenten abgeschöpft und damit werden dann staatliche Vorhaben finanziert. Also ist es indirekt eine Steuer für einen Teil der Unternehmen.
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Das volle Interview erschien am 10. Januar 2023 im Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI.
Von: Klaus Schulze-Löwenberg
Klaus Schulze-Löwenberg ist seit 2016 Leiter Produkt & Technologiekommunikation bei O2 Telefónica. Zuvor seit 2008 Teil des Kommunikationsteams der E-Plus Gruppe und als Teamleiter verantwortlich für die Netz- und Produktkommunikation.
Zum vollständigen Interview
„Bei einer Frequenzverlängerung sind wir bereit, flächendeckend 5G auszubauen“, Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI am 10. Januar 2022
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