28.02.2017
Smarte Datenanalyse für Verkehr in Stuttgart:Fraunhofer IAO bestätigt Potenzial von Mobilfunkdaten für Verkehrsplanung
Die Überlastung städtischer Verkehrssysteme wird zu einer zunehmenden Herausforderung. Bevor Städte jedoch konkrete Maßnahmen anstoßen können, müssen sie zunächst präzise Verkehrsdaten erheben. Das ist häufig sehr aufwendig und kostenintensiv. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Kooperation mit Telefónica NEXT und dem Datenanalyse-Spezialisten Teralytics kommt zu dem Ergebnis, dass Mobilfunkdaten einen positiven Beitrag zur Verkehrsplanung leisten können. Zur Verdeutlichung wurden Analysen für die Stadt Stuttgart mithilfe anonymisierter und aggregierter Mobilfunkdaten durchgeführt, die detailliertere Einblicke zum tatsächlichen Reiseverhalten der Stuttgarter ermöglichen. Dies lässt erahnen, welches Potenzial in den Daten steckt.
Im Regelbetrieb von Telefónica Deutschland werden Mobilfunkdaten von über 44 Millionen Kunden erzeugt. Diese entstehen, wenn Handys, z.B. beim Surfen oder Telefonieren, mit den Mobilfunkzellen kommunizieren. Über ein dreistufiges und vom TÜV zertifiziertes Verfahren werden diese Daten anonymisiert, so dass kein Rückschluss auf Einzelpersonen mehr möglich ist. Mit "Advanced Data Analytics" richtet die neue Telefónica-Gesellschaft „Telefónica NEXT“ den Blick auf den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen, der sich aus der Analyse solcher großen anonymisierten und aggregierten Datenmengen ziehen lässt.
Der Datenschatz muss gehoben werden
Über die Zuordnung eines Mobiltelefons zu den Mobilfunkzellen können anonymisierte Bewegungsströme berechnet werden, die etwa die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland repräsentieren. Welchen Mehrwert diese Bewegungsströme für die Verkehrsplanung bieten und welche Anwendungspotenziale sich aus ihnen ergeben, war die zentrale Fragestellung der durchgeführten Studie
Die Stärken von Mobilfunkdaten
„Die Erfassung des verkehrsmittelübergreifenden Mobilitätsverhaltens in Städten ist ein komplexes Unterfangen. Unsere Studie zeigt, dass Mobile Network Data einen positiven Beitrag zur Verkehrsplanung leisten können. Die Daten sind zeitlich und räumlich hochaufgelöst vorhanden und ermöglichen neue Einblicke in die Einflussfaktoren des urbanen Verkehrs“, erklärt Prof. Anette Weisbecker, stellvertretende Institutsleiterin des Fraunhofer IAO.
Die heutige Verkehrsplanung beruht zu einem großen Teil auf manuellen Erhebungen in Form von Befragungen. Ergänzende Echtzeitdatenquellen wie anonymisierte Mobilfunkdaten sind eine wertvolle Ergänzung. Denn im Vergleich zu Befragungen, die nur alle ein bis zehn Jahre stattfinden, sind die sogenannten Mobile Network Data rund um die Uhr verfügbar. So könnte die Anzahl der kostenintensiven Befragungen minimiert und die bisherigen Erhebungszyklen verkürzt werden. Begünstigend kommt hinzu, dass für die Erhebung von Mobile Network Data keine zusätzliche Infrastruktur benötigt wird. Besonders interessant ist auch die Möglichkeit, nun erstmalig umfangreiche Informationen über Nicht-Nutzer von Mobilitätsangeboten zu erhalten.
Dank dieser Eigenschaften können komplette Wege über verschiedene Verkehrsmittel hinweg nachvollzogen werden, was mit anderen Methoden bisher so nicht möglich war. Aus den Mobile Network Data für Stuttgart wird beispielsweise ersichtlich, dass durch die Kessellage viel Pendlerverkehr durch die Landeshauptstadt geleitet wird. Die Pendlerströme teilen sich allerdings zwischen Straße und S-Bahn Linie auf, wie aus den anonymisierten Mobilfunkdaten klar hervorgeht. Diese Möglichkeit, gleichzeitig verschiedene Verkehrsmittel zu erfassen, könnte den Verkehrsplanern in Zukunft einen erheblichen Mehrwert bieten.
Wo Mobilfunkdaten zum Einsatz kommen könnten
Kurzfristig dienen Mobile Network Data dazu, bestehende Verkehrsmodelle zu prüfen und zu ergänzen. Mittelfristig ermöglicht die weitere Entwicklung von speziellen Algorithmen und Modellen eine bessere Planung von Mobilitätssystemen sowie neue Erkenntnisse für den Personenverkehr. „Das beträchtliche Potenzial von Mobile Network Data kann nur durch das begleitende Angebot entsprechender Analysewerkzeuge realisiert werden“ fassen die Autoren Alexander Schmidt und Tobias Männel zusammen.
Auch die befragten Experten schätzen die neue Datenquelle überwiegend als sinnvoll für die Verkehrsplanung ein. Sie sehen beispielsweise großes Potenzial für die Planung von Routen für den öffentlichen Nahverkehr. „Mit Hilfe der Mobilfunkdaten wäre es möglich, kontinuierliche Informationen zur allgemeinen Verkehrsnachfrage zu gewinnen. Damit könnten wir unsere eigenen manuellen Verkehrserhebungen, die wir in größeren Abständen durchführen, ergänzen. Ein Vorteil dabei wäre, dass wir Kosten für punktuelle Erhebungen – beispielsweise bei bestimmten Ereignissen – einsparen könnten.“, sagt Thomas Hachenberger, Geschäftsführer des Verkehrs- und Tarifverbundes Stuttgart.
Studie setzt auf Experteninterviews und Testanalysen für Stuttgart
Um das Potenzial der Mobilfunkdaten für die Verkehrsplanung zu ermitteln, verglich das Fraunhofer IAO die Mobile Network Data mit existierenden Erhebungsmethoden wie beispielsweise der Befragung von Reisenden, automatischen Zählstellen oder GPS-Daten. Zudem wurden 18 Experten aus Unternehmen, Interessensverbänden, Forschung und Politik zu den Potenzialen der Daten interviewt. Zur Verdeutlichung der derzeitigen Möglichkeiten mit Mobilfunkdaten führte das Fraunhofer IAO beispielhafte Analysen für die Stadt Stuttgart mit anonymisierten Daten von Telefónica Deutschland durch.
Wichtiger Start für Optimierung der Messmethode
Telefónica NEXT sieht den Schwerpunkt bei der Weiterentwicklung der Methodik darin, künftig noch trennschärfer zwischen einzelnen Verkehrsmitteln im langsamen städtischen Verkehr unterscheiden zu können. Dies soll vor allem durch die Verbindung mit weiteren Datensätzen gelingen. Zudem soll die Methode in weiteren Städten zur Anwendung kommen und den Verkehr dort optimieren.
Die Nutzbarmachung von Daten für Lösungen für Wirtschaft und Gesellschaft ist ein globales Bestreben der Telefónica S.A. im Geschäftsbereich namens „LUCA“ und wird in verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Produkten verwirklicht. Mit der Telefónica NEXT schafft Telefónica Deutschland Angebote für die Bedürfnisse des deutschen Marktes, etwa mit einem eigens entwickelten Anonymisierungsverfahren.
Von: Julia Lindner
Julia Lindner ist Pressesprecherin bei Telefónica Deutschland.