Generationendialog im Telefónica BASECAMP KI als digitaler Seelentröster? Jung und Alt im Gespräch
17.12.2025

Austausch über Erfahrungen mit Chatbots: Deniz Taskiran (O2 Telefónica), Moderator und Journalist Juan Moreno, stellvertretende Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz, Linos Ullmann, Medien- und Contentmanager KI-Campus, Laura Hänsch, Stiftung Digitale Chancen, und Ria Hinken, Trainerin für KI- und Digitalkompetenz im Alter (Credits: Till Budde)
Japanerin heiratet KI-Avatar – mit dieser Meldung startete Autor und Journalist Juan Moreno seine Moderation des Generationendialogs im BASECAMP des Telekommunikationsanbieters O2 Telefónica.
Auf den ersten Blick wirken Geschichten wie diese skurril. Doch dahinter steckt ein ernst zu nehmendes Problem. Denn Einsamkeit ist zu einer gesamtgesellschaftlichen Herausforderung geworden, wie aktuelle Zahlen aus einer repräsentativen Telefónica-Befragung unter 1000 Menschen in Deutschland bestätigen. Sechs von zehn Menschen fühlen sich regelmäßig einsam, ein Viertel sogar häufig. Besonders betroffen sind junge Menschen, von denen über 80 Prozent Einsamkeit erleben. Viele suchen digitale Nähe über Social Media oder nutzen bereits KI-gestützte Gesprächspartner.
Mit der Veranstaltung „Nie allein? Nähe, Trost und Gefühle in Zeiten von KI“, die am 15. Dezember 2025 im BASECAMP Berlin und parallel im Livestream stattfand, setzten sich die O2 Initiativen WAKE UP! und Digital mobil im Alter zum Ziel, Jung und Alt über Chatbots als Bezugsperson aufzuklären, zum Nachdenken anzuregen und über Chancen und besonders Grenzen dieser Angebote zu diskutieren.

Über Generationen hinweg: Jung und Alt sprechen im BASECAMP in Berlin über Chatbots (Credits: Till Budde)
Warum Menschen sich an KI-Freunde wenden
Die beiden Wissenschaftlerinnen Prof. Dr. Katrin Döveling, Medienpsychologin an der Hochschule Darmstadt, und Dr. Aike Horstmann, Sozialpsychologin an der Universität Duisburg-Essen, ordneten in einer Diskussionsrunde ein, warum KI für viele Menschen attraktiv erscheint: ständige Verfügbarkeit, bedingungslose Bestätigung, wertfreie Rückmeldungen – zugleich aber fehlende echte Empathie, mögliche Manipulationsrisiken und problematische Anbieterinteressen.
Wird die KI unsere Freundschaft verändern? Dr. Aike Horstmann betont, dass KI-Beziehungen nicht stigmatisiert werden sollten. Sie seien zwar kein langfristiger Ersatz für menschliche Kontakte, könnten aber nach dem Motto „Besser als nichts“ Menschen unterstützen, die wenig oder keine persönlichen Interaktionen haben.

Diskussion über Gefühle in Zeiten von Künstlicher Intelligenz: Linos Ullmann, Medien- und Contentmanager KI-Campus (3.v.r.), Ria Hinken, Trainerin für KI- und Digitalkompetenz im Alter (2.v.r.), und Juan Moreno, Moderator und Journalist (r.), im Gespräch mit Jung und Alt (Credits: Till Budde)
Nähe durch KI – werden die Probleme verdeckt?
Juan Moreno demonstrierte, wie eine Freundschaft mit einer KI aussehen könnte, indem er den im Vorfeld mit einem frei verfügbaren Programm erstellten KI-Avatar „kAI“ vorstellte. Dieser wurde als „guter Freund“ generiert, der ein aufmerksamer Zuhörer ist und stets Lösungen für Probleme findet.
Im weiteren Verlauf der Veranstaltung wurden die Bedürfnisse verschiedener Generationen sowie gesellschaftliche und politische Fragen gemeinsam diskutiert.
Ria Hinken, Trainerin für Digitalkompetenz im Alter: „Es kann gefährlich sein, wenn einsame Menschen mit einer KI kommunizieren, deren Hintergrund sie nicht kennen. Wenn etwas kostenlos ist, dann bezahlt man mit seinem Namen und seinen Daten. Welche Interessen stecken hinter dem Angebot? Deshalb sind klare Regelungen notwendig.”
Linos Ullmann, Host des Tiktok-Kanals „keepingupwith_ai“: „KI als emotionale Unterstützung ist nicht neutral, sie ist eine Antwort auf eine Krise: fehlende Zeit füreinander, fehlende Therapieplätze, fehlende solidarische Strukturen. Der Chatbot wird dann zur schnellsten, billigsten Nähe und damit auch zur Beruhigungspille, die das strukturelle Problem unsichtbar macht.”
Lilli Berthold, stellvertretende Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz, betonte, dass Schulpsychologie und Schulsozialarbeit zwar zur Abfederung digitaler Einsamkeit beitragen könnten. Es sei jedoch entscheidend, weiterführende Lösungen zu entwickeln, damit der Bedarf an psychologischer Betreuung an Schulen nicht länger die Regel sein müsse.
Menschen digital stärken und echte Hilfe bieten
Der Generationendialog machte deutlich, wie wichtig es ist, Menschen jeden Alters im Umgang mit digitalen Technologien und KI zu unterstützen – im Alltag wie in emotionalen Situationen. Ziel ist es, Wissen zu vermitteln, Kompetenzen zu fördern und ein Bewusstsein für Chancen und Risiken zu schaffen. Dabei geht es nicht nur um die technische Nutzung, sondern auch um den verantwortungsvollen, ethischen und sicheren Umgang.
Claudia von Bothmer, Director Corporate Responsibility & Sustainability bei O2 Telefónica: „Die Digitalisierung bringt viele Vorteile und eröffnet neue Möglichkeiten der Vernetzung der Menschen untereinander. Gleichzeitig erleben wir in der Gesellschaft weiterhin ein hohes Maß an Einsamkeit. Digitale Angebote haben Grenzen in der sozialen Interaktion und wirken vor allem dann unterstützend, wenn Menschen sie bewusst und kompetent nutzen. Deshalb fördern wir bei O2 Telefónica als Netzbetreiber und Zugangsanbieter mit gezielten Programmen den verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Tools – insbesondere bei vulnerablen Gruppen wie Jugendlichen oder älteren Menschen.“
Mit Initiativen wie WAKE UP! und dem Projekt „Digital mobil im Alter“ der Stiftung Digitale Chancen engagiert sich O2 Telefónica gemeinsam mit weiteren Partnern dafür, Menschen über die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung aufzuklären und sie in ihrer digitalen Handlungsfähigkeit zu stärken.

Claudia von Bothmer
- Studie zu Einsamkeit und KI / Einsam an Weihnachten: KI und Medien als Gegenmittel – virtuelle Abbilder bleiben tabu
- Studie von O2 Telefónica zu Digitalisierung und Einsamkeit: Wenn KI-Freunde menschliche Beziehungen ersetzen